1. Was bedeutet „Innen-“ und „Außenhaftung“?
Geschäftsführer können grundsätzlich nicht nur gegenüber der Gesellschaft selbst, sondern auch gegenüber Dritten (beispielsweise Vertragspartnern, Behörden oder Arbeitnehmern) haften.
Die Haftung gegenüber der GmbH bezeichnet man als „Innenhaftung“, während die Haftung des Geschäftsführers gegenüber Dritten „Außenhaftung“ genannt wird. Die Unterscheidung ist rechtlich bedeutend, da Innen- und Außenhaftung jeweils andere Voraussetzungen und Fallgruppen und somit ein anderes Haftungsrisiko haben.
<blockquote class="quote-icon achtung">Achtung: Geschäftsführer sollten nicht glauben, vor der Innenhaftung gefeit zu sein, weil sie ein gutes Verhältnis zu den Gesellschaftern haben oder selbst Mehrheitsgesellschafter sind. Im Insolvenzfall bestimmt ein Insolvenzverwalter die Geschicke des Unternehmens. Es gehört zum Standardprogramm der Insolvenzverwaltung, Ansprüche gegen Geschäftsführer sehr genau zu prüfen und hartnäckig zu verfolgen.</blockquote>
2. Wann haftet der Geschäftsführer gegenüber der GmbH?
Geschäftsführer haften der Gesellschaft unter folgenden Voraussetzungen:
- Der GmbH ist ein Schaden entstanden.
- Der Geschäftsführer hat vorsätzlich oder fahrlässig eine ihm obliegende Pflicht verletzt.
- Zwischen dieser Pflichtverletzung und dem Schaden besteht ein Zusammenhang.
Insbesondere die Fahrlässigkeit ist oft der entscheidende Punkt. Geschäftsführer einer GmbH müssen ihren Pflichten mit der „Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes“ nachkommen (§ 43 Abs. 1 GmbHG). Sie müssen sich also so verhalten, wie man es von einem Geschäftsmann in verantwortlich leitender Position bei selbstständiger Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen erwarten kann.
Was genau hierunter zu verstehen ist, ist von Fall zu Fall verschieden. Ein ordentlicher Geschäftsmann wird sich aber auf jeden Fall an alle gesetzlichen Vorgaben halten und dafür Sorge tragen, dass sich auch Angestellte der GmbH vorschriftsmäßig verhalten („Legalitätspflicht“).
Beispiele für Pflichtverstöße:
- Der Geschäftsführer lässt die Finanzlage aus dem Blick, erkennt eindeutige Krisenanzeichen nicht oder sieht von einer entsprechenden Information an Gesellschafter und Aufsichtsrat ab.
- Der Geschäftsführer leistet nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung noch Zahlungen, die nicht mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters vereinbar sind (grds. z.B. Rückführung von Gesellschafterdarlehen).
- Der Geschäftsführer sorgt nicht dafür, dass die Gesellschaft ordnungsgemäß Buch führt. Dadurch können der GmbH Bußgelder und steuerliche Nachzahlungspflichten auferlegt werden, die die GmbH vom Geschäftsführer ersetzt verlangen wird.
- Es wird ein nachteiliger Vertrag abgeschlossen, ohne die erforderlichen Zustimmungen anderer Gremien einzuholen (insbes. des Aufsichtsrats).
- Der Geschäftsführer schließt (insbes. Finanz-)Geschäfte ab, die nicht dem Unternehmenszweck entsprechen und hochriskant sind.
Bei unternehmerischen Entscheidungen wird dem Geschäftsführer allerdings ein weiter Ermessensspielraum zugestanden. Beachtet er diesen Maßstab nicht, handelt er fahrlässig und haftet persönlich und unbeschränkt für Schäden, die der GmbH entstehen (§ 43 Abs. 2 GmbHG).
Im Umkehrschluss heißt dies aber auch, dass nicht jede Fehlentscheidung des Geschäftsführers zu einer Haftung führt. Es kann nicht erwartet werden, dass er jede Unwägbarkeit voraussieht. Solange wie der Geschäftsführer die notwendige Sorgfalt beachtet, haftet er auch für Schäden aufgrund einer Fehlentscheidung nicht. Dies gilt auch, wenn er Risiken eingeht.
<blockquote class="quote-icon para">Beispiel: Geschäftsführer A entschließt sich, Geld der GmbH in ein riskantes Geschäft zu investieren. Wenig später kommt es unerwartet zu wirtschaftlichen Turbulenzen, das Geschäft scheitert und das Geld ist verloren. A hat hier zwar eine Fehlentscheidung getroffen, jedoch hätte er diese Entwicklung nicht voraussehen können. Solange wie das Investment der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes entsprach, haftet A der GmbH nicht.</blockquote>
Daneben haftet der Geschäftsführer insbesondere auch bei Straftaten zulasten der Gesellschaft (§ 823 Abs. 2 BGB). Ein praxisrelevanter Fall ist die Untreue gem. § 266 StGB.
<blockquote class="quote-icon para">Beispiel: Der Geschäftsführer B steckt in Zahlungsschwierigkeiten. Er bucht daher regelmäßig kleinere Beträge von einem Geschäftskonto auf sein eigenes Konto. B macht sich so der Untreue strafbar. Für die fehlenden Beträge haftet er persönlich.</blockquote>
3. Darf der Geschäftsführer Gesellschafterbeschlüsse immer befolgen?
Handelt der Geschäftsführer aufgrund eines Beschlusses der Gesellschafterversammlung, haftet er grundsätzlich nicht für entstandene Schäden. Dies gilt selbst dann, wenn die Handlung nicht der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes entsprach.
Es gibt aber Ausnahmen, von welchen die Folgenden besonders interessant sein dürften:
- Bei vorschriftswidrigen Beschlüssen müssen Geschäftsführer vorsichtig sein. Insbesondere wenn es um Zahlungen aus dem Stammkapital und den Erwerb eigener Geschäftsanteile der GmbH geht, können sie sich unter Umständen nicht auf einen Gesellschafterbeschluss berufen (§ 43 Abs. 3 GmbHG). In diesen Fällen haften Geschäftsführer weiterhin persönlich.
- Gleiches gilt, wenn der Beschluss nicht ordnungsgemäß zustande gekommen ist. Hier sollten Geschäftsführer im Zweifelsfall genau prüfen, was von ihnen verlangt wird und ob der Beschluss rechtmäßig gefasst wurde.
4. Wer haftet bei mehreren Geschäftsführern?
Hat die GmbH mehrere Geschäftsführer, trifft die Pflicht zur Geschäftsführung grundsätzlich jeden Einzelnen (§ 35 GmbHG). Erleidet die Gesellschaft nun aufgrund eines gemeinsamen Handelns einen Schaden, so sind auch alle Geschäftsführer haftbar.
Die Gesellschaft befindet sich dann in einer starken Position: Sie kann sich aussuchen, von wem Sie Schadensersatz fordern will. Denn die Geschäftsführer sind „Gesamtschuldner“. Dem in Anspruch genommenen Geschäftsführer bleibt dann nur der spätere Rückgriff auf seine Kollegen.
<blockquote class="quote-icon para">Beispiel: Die Geschäftsführer A, B und C handeln sorgfaltswidrig, sodass die GmbH einen Schaden in Höhe von 50.000€ erleidet. Die GmbH wendet sich nun an Geschäftsführer B und verlangt Ersatz der vollen Summe. Dieses Vorgehen ist rechtmäßig. B muss daher 50.000€ an die GmbH zahlen und kann sich erst anschließend an A und C wenden und ihren Anteil einfordern.</blockquote>
Ein Geschäftsführer kann sich auch nicht immer darauf berufen, dass er und die anderen Geschäftsführer getrennte Zuständigkeitsbereiche (z.B. Personal, Einkauf, Finanzen) hatten. Denn ein „ordentlicher Geschäftsmann“ muss auch weiterhin überwachen, ob sich seine Kollegen ordnungsgemäß verhalten und die Gesellschaft nicht schädigen.
Daher kann die Gesellschaft unter Umständen selbst dann Ersatz verlangen, wenn der Schaden in erster Linie von einem Geschäftsführer-Kollegen verursacht wurde. In diesem Fall können die anderen Geschäftsführer allerdings mitunter für sich anbringen, dass sie ihren Überwachungspflichten gerecht geworden sind. Bei geschickter Argumentation entfällt ihre Zahlungspflicht dann.
5. Wann können Dritte den Geschäftsführer in Anspruch nehmen?
Dritte - also insbesondere Geschäftspartner der GmbH - können Geschäftsführer grundsätzlich nicht in Anspruch nehmen. Sie müssen sich stattdessen an die GmbH wenden, denn für diese werden die Geschäftsführer als Organ tätig.In Ausnahmefällen haftet der Geschäftsführer jedoch auch selbst gegenüber Dritten. Folgende praxisrelevante Beispiele sind besonders wichtig:
- Bei einem Gesellschafterwechsel müssen Geschäftsführer diese Veränderung unverzüglich dem Handelsregister mitteilen (§ 40 Abs. 1 GmbHG). Andernfalls haften sie den Gläubigern der Gesellschaft für Schäden, der aufgrund der Verzögerung entstehen.
- Geschäftsführer sind verpflichtet, Steuern und Sozialabgaben der Arbeitnehmer abzuführen und haften bei einer Pflichtverletzung (§ 69 AO und § 823 Abs. 2 BGB, § 266a StGB).
- Der Geschäftsführer ist verpflichtet, – wenn nötig – einen Insolvenzantrag zu stellen. Kommt er dieser Pflicht nicht oder nur verspätet nach, haftet er den Gläubigern der Gesellschaft auf Schadensersatz (§ 15a InsO, § 823 Abs. 2 BGB). Man spricht von Insolvenzverschleppung.
- Wenn Geschäftsführer für die GmbH tätig werden und in deren Namen Geschäfte machen wollen, muss das für den Geschäftspartner erkennbar sein. Beispielsweise indem das Briefpapier der Gesellschaft benutzt oder als Geschäftsführer der GmbH unterzeichnet wird. Kann der Geschäftspartner hingegen davon ausgehen, dass er mit dem Geschäftsführer selbst Verträge schließt, haftet letzterer für die so zustande gekommenen Verpflichtungen persönlich.
- Geschäftsführer können bereits vor der Entstehung der GmbH für ihre Handlungen haften. So müssen sie die GmbH beispielsweise beim Handelsregister anmelden und schließen unter Umständen auch bereits Verträge mit Dritten ab. In diesem Fall droht eine Außenhaftung („Handelndenhaftung“).
- Daneben haftet der Geschäftsführer auch hier unter Umständen ggü. Dritten direkt, wenn er sich strafbar macht (§ 823 Abs. 2 BGB).
<blockquote class="quote-icon para">Beispiel: Geschäftsführer D behauptet gegenüber einem Kunden, um diesen zur Zahlung zu bewegen, die GmbH könne ihm sofort qualitativ einwandfreien Stahl liefern. In Wahrheit hat D vor, nur einen minderwertigen Stoff an den Kunden abzugeben. D könnte sich hier wegen Betrugs (§ 263 StGB) strafbar gemacht haben. In diesem Fall würde er dem Kunden persönlich haften.</blockquote>
6. Wann verjähren Ansprüche?
- Ansprüche von Gesellschaft oder Insolvenzverwalter: Möchte die Gesellschaft Schadensersatz von einem Geschäftsführer aufgrund sorgfaltswidrigen Handelns fordern, so hat sie hierfür 5 Jahre Zeit (§ 43 Abs. 4 GmbHG). Diese Frist beginnt ab dem Schadenseintritt zu laufen – auch dann, wenn die Gesellschaft keine Kenntnis von dem Vorfall hat. In vielen Fällen macht der Insolvenzverwalter diese Ansprüche für die GmbH geltend.
- Ansprüche Dritter: Dritte müssen sie sich hingegen an die allgemeinen Verjährungsregeln halten. Welche Fristen genau gelten, hängt vom geltend gemachten Anspruch ab. Oft beträgt die Verjährungsfrist drei Jahre (§ 195 BGB).
Die Verjährung kann jedoch auch gehemmt oder unterbrochen werden. Geschäftsführer sollten sich im Ernstfall daher an einen Anwalt wenden, damit dieser ihre Situation überprüft.
7. Wie können sich Geschäftsführer vor der Haftung schützen?
Der beste Schutz vor Haftungsansprüchen ist selbstverständlich ein sorgfältiges und ordnungsgemäßes Verhalten. Jedoch kann selbst der vorsichtigste Geschäftsführer entsprechende Risiken nie vollständig vermeiden.
Für solche Fälle kann sich der Geschäftsführer durch eine D&O- oder Berufshaftpflichtversicherung absichern. Oft schließt die GmbH selbst diese Versicherung für ihre/n Geschäftsführer ab. Zu beachten ist aber, dass die Vereinbarung von Selbstbehalten üblich ist. Ganz ohne Einbußen kommen Geschäftsführer daher nicht aus einem Haftungsfall. Zudem sträuben sich viele Versicherer oft, Zahlungen zu leisten und fordern umfangreiche Untersuchungen.
<blockquote class="quote-icon info">Droht daher ein Haftungsfall, sollten Sie schnellstmöglich einen Rechtsanwalt für Gesellschaftsrecht aufsuchen. Dieser kann Sie sowohl gegenüber Haftungsansprüchen verteidigen als auch Ihre Versicherung zu einer schnellen und reibungslosen Zahlung anhalten.</blockquote>
8. Fazit
- Geschäftsführer können sowohl gegenüber der Gesellschaft („Innenhaftung“) als auch gegenüber Dritten („Außenhaftung“) haften.
- Die Gesellschaft kann den Geschäftsführer in Anspruch nehmen, wenn er die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes verletzt (§ 43 GmbHG).
- Dritten gegenüber haftet der Geschäftsführer nur im Ausnahmefall persönlich.
- Bei Straftaten haftet der Geschäftsführer grundsätzlich selbst für entstandene Schäden.
- Mehrere Geschäftsführer haften gegenüber der Gesellschaft gemeinsam.
- D&O- oder Berufshaftpflichtversicherungen können im Haftungsfall einspringen. Ein Selbstbehalt ist aber üblich.
Fragen und Antworten
Diese Fragen aus unserem FAQ passen zum Thema.
Der Geschäftsführer kann sowohl der Gesellschaft („Innenhaftung“) als auch Dritten, beispielsweise Vertragspartnern („Außenhaftung“), haften. Die Außenhaftung ist aber die Ausnahme. Die Innenhaftung droht, wenn der Geschäftsführer die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes missachtet (§ 43 Abs. 1 und 2 GmbHG).
Der Geschäftsführer muss sich wie ein ordentlicher Geschäftsmann verhalten, der in verantwortlich leitender Position selbstständig fremde Vermögensinteressen wahrnimmt. Hierzu muss er insbesondere sicherstellen, dass die GmbH, ihre Angestellten und er selbst alle gesetzlichen Verpflichtungen erfüllen. Bei seinem Handeln muss er sich am wirtschaftlichen Wohl der GmbH orientieren, hat aber einem unternehmerischen Ermessenspielraum.
Es kommt drauf an. Grundsätzlich darf und muss der Geschäftsführer Gesellschafterbeschlüsse befolgen. In gesetzlich geregelten Ausnahmefällen darf er jedoch trotzdem nicht handeln, ohne eine Haftung befürchten zu müssen. Auch droht eine Haftung bei fehlerhaften Beschlüssen.