In der Krise ist das Haftungsrisiko ein ständiger Begleiter
Wenn eine GmbH finanziell in Schieflage kommt, ist man als GmbH-Geschäftsführer nicht zu beneiden. Nicht nur, weil der Kampf um das Überleben des Unternehmens extremen Stress bedeutet. Für Geschäftsführer ist die Situation auch juristisch riskant.
Gerade bei einer drohenden Insolvenz steigt das Risiko, dass der Geschäftsführer persönlich haftet, mit seinem kompletten Privatvermögen. Das passiert gar nicht so selten. Oft resultiert die Haftung daraus, dass der Geschäftsführer sich strafbar gemacht hat. Dafür kann schon eine einzelne Zahlung ausreichen, die er veranlasst oder auch versäumt hat.
GmbH-Geschäftsführer sollten in Zeiten wirtschaftlicher Krisen an sich und ihre Familien denken. Das Haftungsrisiko ist dann ein ständiger Begleiter, der beste Schutz dagegen regelmäßige Beratung durch einen Anwalt, selbst bei einzelnen Zahlungen oder Vorgängen. Wer so ein spätere Schadenersatzforderung oder ein Ermittlungsverfahren vermeidet, erspart sich mehr als nur höhere Anwaltskosten.
Innenhaftung, Außenhaftung, Strafbarkeit
Als GmbH- Geschäftsführer müssen Sie im laufenden Geschäftsbetrieb eine lange Reihe rechtlicher Fallstricke beachten:
- Durch bestimmte geschäftliche Handlungen können Sie sich strafbar machen: Dann ist mit einem Ermittlungsverfahren, einem Strafprozess und einer Geldbuße zu rechnen. Schlimmstenfalls drohen Haftstrafen.
- Außerdem können Sie sich gegenüber der Gesellschaft und deren Gesellschaftern schadenersatzpflichtig machen. Innenhaftung ergibt sich, wenn Sie als Geschäftsführer gegen die Generalklausel in § 43 Abs. 1 GmbHG verstoßen, in allen Angelegenheiten der Gesellschaft die „Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns“ anzuwenden.
- Drittens können Sie persönlich gegenüber Dritten haften, beispielsweise Geschäftspartnern oder Kunden. Im Fall der Außenhaftung können diese direkt von Ihnen Schadenersatz fordern.
Beispiele für Geschäftsführer-Haftung
- Das von Ihnen geleitete Unternehmen hat sich in der Krise intensiv um Akquise bemüht. Sie haben einem neuen Kunden großzügige Warenkredite eingeräumt, der konnte nicht zahlen. Nun beruft sich der Insolvenzverwalter darauf, dass Sie die Bonität hätten prüfen müssen, und macht die ausgefallene Forderung bei Ihnen persönlich geltend.
- Aufgrund der Liquiditätskrise haben Sie die letzten Reserven in den Vertrieb gesteckt, statt davon Lohnsteuer zu bezahlen. Die Insolvenz ließ sich trotzdem nicht vermeiden. Jetzt will das Finanzamt die Lohnsteuerschuld von Ihnen haben.
- Sie haben zu lange die Augen vor der Realität verschlossen und den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu spät gestellt. Das ist eine Straftat, außerdem haften Sie für die Schäden (die zusätzlichen Schulden), die der Gesellschaft dadurch entstanden sind.
Wenn die Zahlungsfähigkeit schwindet, wächst das persönliche Risiko
Gerade im Fall einer drohenden Insolvenz müssen Geschäftsführer zahlreiche rechtliche Pflichten beachten. In der Krisensituation wird es schwieriger, juristisch den Überblick zu behalten. Dabei haben Geschäftsführung und Gesellschafter in dieser Phase meist nur eines im Sinn: Das Unternehmen irgendwie zu retten. Der Alltag wird beherrscht von Sanierungsplänen, Personalkürzungen, Verhandlungen mit Banken und Zulieferern.
Doch genau das ist vielleicht die größte Falle. Als Geschäftsführer einer Krisen-GmbH sollte man zu jedem Zeitpunkt wissen, wie die Situation des Unternehmens einzuschätzen ist. Liegt eine Zahlungsunfähigkeit vor oder stocken die Zahlungen nur? Ist das Unternehmen überschuldet?
Der Grat zwischen dem, was noch zulässig ist und einem Straftatbestand ist schmal. Das Risiko, auch persönlich abzustürzen, ist groß. In dieser Situation ist es immens hilfreich, bei Zweifelsfällen einfach bei einem kompetenten Rechtsanwalt nachzufragen.
Die Insolvenzakte geht an den Staatsanwalt
Es wird schon keiner merken, wenn im Vorfeld der Insolvenz nicht alles optimal lief? Irrtum. Sobald die GmbH ihre Insolvenz angemeldet hat, geht die Insolvenzakte an die Staatsanwaltschaft –automatisch.
Die Staatsanwaltschaft wird sich anhand des Insolvenzgutachtens, das in jedem Insolvenzfall angefertigt wird, sehr genau ansehen, ob eines der typischen Insolvenzdelikte oder ein anderer Straftatbestand vorliegt.
Zu den wichtigsten Insolvenzstraftaten gehören die Insolvenzverschleppung (§ 15a InsO), der Bankrott (§§ 283 und 283a StGB), die Gläubigerbegünstigung (§ 283c StGB) sowie Verletzungen der Buchführungspflicht (§ 283b StGB). Andere Straftaten, die die Staatsanwalt im Umfeld einer Krisen-GmbH und ihrer Insolvenz im Auge hat, sind Unterschlagung (§ 246 StGB), Betrug (§ 263 StGB), Untreue (§ 266 StGB), das Vorenthalten von Sozialversicherungsbeiträgen (§ 266a StGB), die Urkundenfälschung (§ 267 StGB), Steuerhinterziehung (§§ 370, 370a AO), fehlerhafte Angaben bei der Gründung einer GmbH (§ 82 GmbHG) und die Verletzung der Verlustanzeigepflicht (§ 84 Abs. 1 Nr. 1 GmbHG).
Strafe und Schadenersatz
Wenn die Staatsanwaltschaft ein Verfahren eröffnet, droht erstens eine Geld- oder auch Haftstrafe. Zweitens haftet in einigen Fällen der Geschäftsführer bei Verurteilung für den entstandenen Schaden. Das gilt etwa bei Verstoß gegen die Buchführungspflichten oder bei fehlerhaften GmbH-Gründungsangaben, bei Insolvenzverschleppung oder wenn die Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung nicht abgeführt wurden.
Die betreffenden Normen, §§ 283 ff, § 82 GmbHG, § 266a StGB und § 15a InsO, sind allesamt Schutzgesetze im Sinne des § 823 Absatz 2 BGB. Oder auf Deutsch: Gläubiger der GmbH können vergleichsweise einfach Schadenersatzansprüche gegen den Geschäftsführer durchsetzen.
Dann hilft auch keine Privatinsolvenz mehr. Solche Forderungen sind nicht von der Restschuldbefreiung erfasst.
Typische Insolvenzstratatbestände und Haftungssituationen
- Löhne, Gehälter und Sozialversicherungsbeiträge nicht bezahlt: Werden angesichts akuter Liquiditätsprobleme die Arbeitnehmeranteile an den Sozialversicherungsbeiträgen nicht abgeführt, droht ein Strafverfahren wegen „Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt“ gemäß § 266a StGB und § 14 Abs. 1 StGB. Das gilt auch dann, wenn gar keine Gehälter mehr bezahlt werden.Außerdem können die Krankenkassen vom Geschäftsführer Schadenersatz fordern. Voraussetzung ist, dass zum Zeitpunkt der Fälligkeit eine Zahlung noch möglich gewesen wäre.
- Insolvenzantrag verschleppt: Das Unternehmen ist im Sinne der Insolvenzordnung insolvent, und keiner hat es gemerkt? Dann macht sich der Geschäftsführer strafbar – ihm bleiben bei Insolvenzreife nur drei Wochen Zeit, um entweder den Insolvenzantrag zu stellen oder die Zahlungsprobleme zu beseitigen. Wenn absehbar ist, dass die Drei-Wochen-Frist nicht reicht, oder das gesamte Vermögen der GmbH nicht mehr zur Deckung der Verbindlichkeiten reicht, muss sofort Insolvenzantrag gestellt werden.In dieser Phase muss der Geschäftsführer im Zweifel täglich die finanzielle Lage prüfen, um nicht in die persönliche Haftungsfalle zu geraten. Und falls ein Alleingeschäftsführer sein Amt niedergelegt hat, ist gemäß § 15a Absatz 3 InsO jeder Gesellschafter zum Stellen des Insolvenzantrags verpflichtet.
- Steuerliche Pflichten versäumt: Auch das Finanzamt nimmt den Geschäftsführer der insolventen GmbH gern in die Mangel. Wenn die Gesellschaft aufgrund einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Pflichtverletzung des Geschäftsführers Steuerschulden hat, haftet dieser nach § 69 i. V. m. § 34 AO persönlich. Zu solchen Pflichtverletzungen gehören nicht nur versäumte oder fehlerhafte Steuererklärungen. Gerade in Krisenzeiten muss der Geschäftsführer dafür sorgen, dass bei Fälligkeit die Mittel zum Bezahlen der Steuer bereitstehen.
- Gesellschaftsvermögen verschleudert oder vernichtet (Bankrott): Der Geschäftsführer kann sich auch schon vor Insolvenzreife persönlich in große Schwierigkeiten manövrieren: dann, wenn die Zahlungsunfähigkeit bereits droht oder durch bestimmte Schritte Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung erst herbeigeführt werden.§ 283 StGB stellt es unter anderem unter Strafe, dass Vermögen der Gesellschaft beiseite geschafft oder Vermögensgegenstände verheimlicht, zerstört oder unter Wert verschleudert werden. Auch mangelhafte Buchführung und Bilanzierung sind strafbar, ebenso das Verheimlichen der tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnisse der Gesellschaft.
- Gläubiger begünstigt: Wenn das Unternehmen insolvenzreif ist, dürfen keine Zahlungen oder Sicherheiten an einzelne Gläubiger mehr geleistet werden: Das benachteiligt die anderen Gläubiger. Kurz vor der Insolvenz sind Geschäftsführer einer GmbH grundsätzlich gut beraten, Zahlungen einzustellen.
- Eingehungsbetrug begangen: Wer für die Gesellschaft Verträge abschließt und dabei den Vertragspartner über die wahre Lage des Unternehmens täuscht, begeht einen sogenannten Eingehungsbetrug.
- Vermögen vorm Insolvenzverwalter versteckt (Untreue): Wenn der Geschäftsführer einer GmbH kurz vor der Insolvenz noch Vermögen aus dem Unternehmen schafft, um es vor dem Insolvenzverwalter in Sicherheit zu bringen, ist der Straftatbestand der Untreue erfüllt.
Auch Geschäftsführer einer Krisen-GmbH sind nicht allein auf sich gestellt
Angesichts drohender Insolvenz ein Unternehmen in der Krise zu leiten, ist ein einsamer Job. Man steht von allen Seiten unter Druck, von Gesellschaftern, Mitarbeitern, Lieferanten und Geschäftspartnern.
Umso wichtiger ist es, wenn man in dieser Situation einen Rechtsanwalt als Verbündeten hat, dem man vertrauen kann. Der Anwalt schafft bei Bedarf Klarheit darüber, ob eine konkrete Geschäftsentscheidung mit der Gefahr persönlicher Haftung und eines Strafverfahrens verbunden ist oder nicht. Das ist ein wichtiger Beitrag zu persönlichen Absicherung.
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